101 Jahre Lauta: ein Ort und seine Jubiläen
Wenn man die Geschichte nicht kennt,
bleibt man auf immer ein Kind,
das nie erwachsen wird!
Marcus Tullius Cicero (106 – 43 v. Chr.), römischer Redner und Staatsmann
Noch immer ist die Zahl jüngerer Publikationen und Initiativen zur Geschichte Lautas äußerst dürftig und vieles liegt bislang im Dunkel der Geschichte verborgen. Die breite historische Aufarbeitung steht also noch am Anfang.
So hat es zwar in der Vergangenheit an historischen Jubiläen in unserem Ort nicht gefehlt, deren öffentlichkeitswirksame Begleitung zumeist auf Initiativen von einzelnen Personen bzw. Arbeitsgruppen zurückzuführen war: Etwa als von 18. – 20. September 1948 die 500-Jahrfeier des Dorfes Lauta stattfand. Damals ging man noch davon aus, dass Lauta erstmals 1446 urkundlich erwähnt wurde, und zwar in einer Verpfändungsurkunde des Herren Hans von Polenz. Auch unter den schwierigen Nachkriegsbedingungen und mit zeitlicher Verzögerung nahm man sich die Zeit, dieses Jubiläum zu begehen, wobei auch eine kleine Festschrift entstand. Ebenso spielte die unmittelbare Vergangenheit um das ab 1917 entstandene Lautawerk dabei eine nicht geringe Rolle. Es zeigt sich anhand der Festschrift deutlich, wie eng das ursprüngliche Dorf Lauta mit der heranwachsenden Industriesiedlung Lautawerk verknüpft ist – und das betrifft nicht nur den Namen, sondern vor allem auch jene politische Einheit, die heute Realität ist.
Im Jahr 1999 erfolgte indes die offizielle 625-Jahrfeier, denn inzwischen hatte man in einem Zinsregister des Klosters Sankt Marienstern zu Panschwitz-Kukau eine frühere Ersterwähnung des Dorfes Lauta ausgemacht, die auf das Jahr 1374 zurückgeht. Besonders hervorzuheben ist dabei das Wirken des inzwischen verstorbenen Historikers Waldemar Waade, einem ehemaligen Bürger der Stadt Lauta. Waade hat nicht nur ein Konvolut an Manuskripten zur Geschichte Lautas hinterlassen, sondern er regte bereits damals eine weiterführende geschichtliche Aufarbeitung an.
Da Lauta seit dem Jahr 1965 offiziell als „Stadt“ gilt, erlebte die Stadt 2015 ein weiteres Jubiläum: die Verleihung des Stadtrechts vor 50 Jahren. Dazu fertigte Kathleen Häußer-Beciri, damals im Dienst der Stadtverwaltung stehend, eine mehrteilige historische Ausstellung an. Die sorgfältig erarbeitete und auf einer breiten Quellenbasis stehende Schau deckte ein breites Themenspektrum ab. Sie wurde im »Lautech«-Gebäude gezeigt und lagert seither in den Archiven der Stadtverwaltung.
In der Gegenwart angekommen, müssen wir feststellen, dass ein weiteres Jubiläum vorüber ging, ohne das davon gebührend Notiz genommen wurde. Ich meine den Beginn des Baugeschehens zum Aluminiumwerk im März 1917 und die damit verbundene Errichtung der Siedlung Lautawerk.

Aus diesem Grund hat es sich die in Lauta aufgewachsene Chemikerin Gabriele Schluttig zur Aufgabe gemacht, »Lautaer Geschichten« aus 101 Jahren aufzuzeichnen. Dabei ist ein beeindruckendes Buch entstanden, das sich an den eng miteinander verbundenen Themenkomplexen der Industrie- und der Siedlungsgeschichte orientiert. Denn ohne die Industrieansiedlung der am 21. April 1917 gegründeten »Vereinigten Aluminium-Werke AG« in der Lautaer Heide, wäre unsere Stadt nicht in der heute vorzufindenden Form entstanden. Sicher, das Werk ist inzwischen vollständig abgerissen, nur der alte Wasserturm an der Bundesstraße 96 kündet noch von früheren Tagen. Auf dem ehemaligen Werksgelände ist ein modernes Industriegebiet entstanden. Dennoch lohnt sich der Blick auf die Geschichte. Das Buch von Gabriele Schluttig soll dabei eine Lücke füllen. Eine Lücke, die zwischen der populären Stadtchronik aus dem Jahre 1997 und der streng wissenschaftlich gehaltenen Dissertationsschrift von Peter Josef Belli (erschienen 2012) besteht. In liebevoller und akribischer Kleinarbeit ist so ein Panorama unserer Stadt entstanden. Die Logik der vorliegenden »Lautaer Geschichten« folgt dabei weniger der streng wissenschaftlichen Quellenkritik als vielmehr der persönlichen Erinnerung und assoziativen Anekdote. Besonders hervorzuheben gilt es das reichhaltige Bildmaterial des Buches. Und der aufmerksame Betrachter wird gerade in den von der Autorin zusammengetragenen Bildern unterschiedlichster Gattungen nicht nur die Illustrationen, sondern auch Quellenformen von ganz eigenem Wert entdecken, die reichhaltige Rückschlüsse auf die Entwicklung Lautas zulassen. Nicht zuletzt dadurch will die Autorin eine möglichst breite Leserschaft ansprechen und an den Baubeginn des Aluminiumwerkes vor 101 Jahren erinnern. Es bleibt ihr zu wünschen, dass dieses Ziel erreicht wird!
Das Buch Lauter Lautaer Geschichten. 101 Jahre in Bildern, Texten und Dokumenten von Gabriele Schluttig erscheint am 11.06.2018 im Andorn-Verlag und ist über die Internetseite dieses Verlages erhältlich!
Michael Peter Schadow
Es ist schade, dass über das Feiern einer einzelnen Person (!) außer Acht gelassen wird, dass sich Lautaer bereits seit Jahrzehnten, ob einzeln (u.a. Dietmar Neuhäuser) oder in der Gemeinschaft (Seniorenakademie) bleibende Verdienste um die Aufarbeitung der Geschichte der Stadt erworben haben. Das führte auch dazu, von außen betrachtet, dass es zur Feier der Jubiläen (Werk – Nachfeier, Gartenstadt – aktuell) zu keiner gemeinsamen, von allen sich um Lauta und seine Geschichte bemühenden Akteuren getragenen Veranstaltung kommt. Was sehr, sehr schade ist!
Unerwähnt bleibt zudem, dass eine solide und für die Zukunft sichere Aufarbeitung der Geschichte Lautas auch der „streng wissenschaftlichen Quellenkritik“ bedarf, und nicht nur der ankedotischen Geschichtsbeschreibung Denn an ersterer fehlt es noch immer. Und auch Professor Waldemar Waade, der übrigens kein Historiker war, sondern Erziehungswissenschaftler, hat daran nichts geändert.
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Vielen Dank für Ihren kritischen und zielführenden Beitrag! Mit der von Ihnen erwähnten „streng wissenschaftlichen Quellenkritik“ rennen Sie bei mir offene Türen ein und ich bin voll und ganz Ihrer Meinung. Was die Kritik an der „Feier“ einer Person anbelangt, so denke ich, dass jegliche Beschäftigung mit der regionalen Historie wichtig ist und – einmal ganz abgesehen von persönlichen Sym- oder Antipathien – unter professionellen Gesichtspunkten ihren Wert hat. Viele Grüße Michael Peter Schadow
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Lassen Sie bitte die Begriffe „Sympathie“ und „Antipathie“ weg, denn diese spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle. Auch wenn man bestimmte Vorgänge gern darauf reduzieren möchte.
Vielmehr wurden hier einmalige Chancen vergeben.
Wie ich bereits vor einiger Zeit schrieb und auch daran festhalte: „Denn nur gemeinschaftlich ist es möglich, die vielen zu einer soliden Geschichte gehörenden Fakten zusammen zu tragen. Und daran wirken jetzt in Lauta lebende Bürgerinnen und Bürger sowie ehemalige Einwohnerinnen und Einwohner mit.“
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Guten Abend,
ja, es ist richtig, ein gemeinsames Feiern gab es nicht. Es hängt wohl noch zu sehr mit der Teilung Lauta(werks) in Nord und Süd zusammen. Herrührend wohl noch aus der Zugehörigkeit der Gläubigen zu Lauta-Dorf ( Süd ) und Lautawerk- Nord ( Nord ). Auch wohl aus der “ besseren Siedlung “ in Nord.
Recht möchte ich Ihnen nicht geben, gerade auch die anekdotische Darstellung der Geschichte bringt Gewinn für den interessierten Bürger als auch für den „streng wissenschaftlichen Bereich“.
Ganz vergessen wurde Lauta-Dorf, der gewaltsame Umbruch in der abgelegenen Siedlung durch das Geschehen im Werk. Es wurde beim Jubiläum schlicht ignoriert.
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